Gliwickie Metamorfozy

Wilhelm von Blandowski 21.01.182218.12.1878

Ma³gorzata Malanowicz
Übersetzung: Sebastian Mro¿ek

Gliwice 2005
www.gliwiczanie.pl gliwickie_metamorfozy@op.pl  

 

 

       

William Blandowski, self-portrait, 1860

Image source: National Gallery of Victoria

   Von Blandowski stammte aus einer alten polnischen, im Laufe der Zeit jedoch germanisierten Familie (B³êdowscy?) - Geschlecht Wieniawa. Geboren in Gleiwitz, war er der jüngste Sohn unter den elf Kindern Felix von Blandowskis – eines hohen Offiziers der preußischen Armee – und seiner Frau Leopoldine – geborene Woyrsch.    
       
       
   In den Jahren 1839-40 machte er seine Ausbildung an der Bergbauschule in Tarnowitz bei Gleiwitz. Danach arbeitete er in der Königsgrube in Königshütte (Chorzów).   
       
   Zur Ausreise aus seiner Heimat bewog ihn die unruhige Revolutionszeit im Jahre 1848. Er fuhr 1849 mit einer Geologengruppe nach Australien, um sich mit dem Erforschen der dortigen Naturgeschichte wie auch botanischer Systematisierung und geografischer Beschreibung zu beschäftigen. Von Blandowski entdeckte Goldvorkommen in der Gegend von Castlemaine (Victoria), dort erfand und vervollkommnte er auch die Wasserpumpe. In den Jahren 1854-1857 organisierte er eine Expedition an die Ufern der Flüsse Darling und Murray, um die Naturgeschichte dieser Region zu erforschen. Er sammelte dort 17400 Naturphänomene für das Nationalmuseum. Unvergesslich ist sein Ruf als Fischforscher durch die Fischgattungen wie Blandowskius und Blandowskiella. Wilhelm von Blandowski gehörte zu den Mitbegründern der Philosophischen Gesellschaft Viktoria.  
       
   1860 kehrte er nach Gleiwitz zurück, starb er in einer Nervenheilanstalt in Bunzlau.

 

 

   Des weiteren eine Artikelkurzfassung des hervorragenden Gleiwitzer Fotografen, Jerzy Lewczyñskis über Wilhelm von Blandowski.  (Der vollständige Text wurde 1995 im 10. Jahrbuchband des Gleiwitzer Museums in der polnischen Sprache veröffentlicht – S. 161-189)  

„... Das Schicksal fügte so zusammen, dass ich in meiner geliebten Stadt Gleiwitz auf eine wunderbare Person eines Forschers und Fotografen aus dem 19. Jahrhundert gestoßen bin.

      Der Weg Wilhelm von Blandowskis zur Fotografie war voll von Geheimnissen und er wird noch lange Zeit Gegenstand der Forschung und wissenschaftlicher Fragestellungen sein. Um seine Bemühungen und Leistungen zu begreifen, sollten wir uns daran erinnern, wie die damalige Technik der Fotografie aussah. Das Leben meines Protagonisten verlief doch parallel zur Erfindung der Fotografie (1839). Ich nehme an, dass er schon während der Vorbereitungen auf seine Australienreise – es war im Jahre 1849 – diese Erfindung kennen musste. Die damalige rasante Entwicklung der Fotografie lässt sich wahrscheinlich mit der schnellen Fernsehentwicklung in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts vergleichen. 

   Die ersten Erzeugnisse der damaligen Fotografie waren die sogenannten Daguerreotypie-Aufnahmen. In einem technologisch komplizierten Prozess entstand eine Silberplatte, die mit dem Abbild einer porträtierten Person flimmerte. Eine weitere Technik war die Talbotypie (auch Kalotypie genannt) – die Bezeichnung stammt vom Namen ihres Erfinders, dem Engländer Fox Talbot. In diesem Verfahren bekam man ein Papiernegativ, das im Positiv leicht verschwommene Konturen einer Person wiedergab, was allerdings aus der Struktur des Papiernegativs resultierte. Direkt nach Talbot erfand im Jahre 1851 der Engländer Frederick Scott Archer das so genannte Collodium-Verfahren, in dessen Folge man ein Negativ auf der Glasplatte vorbereitete, was allerdings in der Ausführung sehr schwierig war, denn es war stets notwendig eine nasse Bildlichtplatte im Fotoapparat bereit zu halten. Der Fotograf war letztlich gezwungen, ein schweres Labor mitzuführen, um in aller Dunkelheit realisierte Bilder zu entwickeln, das heißt jene Collodium-Flüssigkeit auf die Glasplatte aufzutragen. Die Aufnahamen Blandowskis aus Australien sind höchstwahrscheinlich Collodium-Bilder oder verwendete ein anderes Trockenverfahren, das vor Ort angewandt wurde. 
   Gesammelt sind die Aufnahmen im Fotoalbum „Australien in 142 photographischen Abbildungen“, das 1862 in der Gleiwitzer Buchdruckerei Gustav Neumanns herausgegeben wurde. Zur Zeit befindet sich das Album in der Berliner Staatsbibliothek. Ersichtlich wird hier ebenfalls, wie weit das Interessenfeld von Blandowskis angelegt war. Das Album besteht aus den Bildern in Format 6,5 x 7 cm – hierzu nur ein paar Fotos auf einer Seite. Die erste Aufnahme, eher lässt sich hier von einer Zeichnung sprechen, macht eine kleine Vignette mit der Inschrift „William Blandowski“ sowie ein Inhaltsverzeichnis der vom Autor fotografierten Motive aus: Geologie, Geografie, Paläontologie, Aborigener, Tiere und Pflanzen. 
   Auf den weiteren Bildern werden Ansichten und Landschaften der erforschten Gebiete dargestellt, dazu auch Tropenwälder, Steine und Gesteine, Wasserfälle, Bäume und Seeküsten. Auf einem der Fotos sind zu  sehen: das Forscherlager mit Pferden und Menschen, auf den anderen:  Darstellungen aus dem alltäglichen Leben der Aborigener – recht scharf und unverschwommen aufgenommen, was von der Anwendung einer sehr lichtempfindlichen Fotoemulsion zeugt. An den Gesichtern der Aborigener sieht man vortrefflich Tätowierungen und Einzeldetails. Alle Tafeln sind mit einem englischen Vermerk versehen: „egraving from photograph“ oder „engraving from sketch“, was man übersetzen kann: „Graviert nach Aufnahme bzw. Zeichnung“.

   In der Buchdruckkunst ist ein Verfahren bekannt, dem zufolge eine Fotoemulsion auf einem Holzklotz aufgetragen wird und folglich nach einer Aufnahme die Umrisse eines Gegendstands ausgestanzt werden. Wahrscheinlich bediente sich hier der Autor dieser Methode oder ihm begleitete ein Zeichner? Wilhelm von Blandowski war sicherlich ein Pionier auf vielen Gebieten und als erster gebrauchte er die Fototechnik für wissenschaftliche Zwecke. In Australien hielt er sich in den Jahren 1849-60 auf. Nach Gleiwitz kam er mit recht großen Erfahrungen im Bereich der Fotokunst zurück. Eine rapide Entwicklung auf diesem Feld schien viele finanzielle Gewinnmöglichkeiten zu versprechen. Hier beginnt auch meine Faszination an der in Gleiwitz betriebenen Fotografie von Blandowskis.

   Nach seiner Rückkehr in die Stadt kaufte er vermutlich ein Haus oder Atelier in der heutigen Bankowa-Straße 7 und startete seine Arbeiten. Faszinierend ist hier vor allem das Eindringen in die bildliche Schicht der Fotografien von Blandowskis – also seine Menschengesichter, Blicke, Aussehen der Personen und der Accessoires. 

   Unter seinen Aufnahmen lässt sich eine recht einmalige Sammlung Gleiwitzer Bürgerturms, Arbeiter und Handwerker bewundern, aber auch städtische Armut. Ergreifend ist das Bild des Marktplatzes mit  damals populären Karren und Wagen für den Waren- und Gütertransport. Einmalig sind auch Jungs mit Uniformmützen und Mädels in Jacken und breiten Schürzeröcken.   
   In den Fotoalben Wilhelm von Blandowskis befinden sich unter anderem erste Werbefotos. Die Bilder zeigen Gleiwitzer Landwirtschaft und Viehzucht auf dem Landgut in Sza³sza. Ein paar Fotos präsentierten die oberschlesische Industrie um die Hälfte des 19. Jahrhunderts – Gleiwitzer Einsengießerei, Drahtfabrik, Ölwerke und andere heute unbekannte Gebäude. Es gibt auch Fotos von christlichen und jüdischen Friedhöfen. Eine Besonderheit macht ein Aufnahmensatz von ein paar Fotos der damals in der Stadt wohl bekannten Familie Konntny. Unter den von Blandowski porträtierten Personen der reichen Stadtbürger mag man auch Bilder der Gleiwitzer Schuhmacher, Musiker, Schornsteinfeger, Soldaten, Kellner, Milchausträger oder Bettler finden. Sehr reizend ist das Bild einer Oberschlesierin mit Kopfhaube und Schulterntuch, die in ihren Händen ein Gebetbuch und Rosenkranz wie auch einen Regenschirm hält – das Ganze auf dem Hintergrund der Gleiwitzer Allerheiligenkirche.    
   Unter einem Teil der gemachten Bilder gibt es Unterschriften, die den Vor- und Nachnamen der fotografierten Person angeben, manchmal auch Beruf und Wohnsitz. Erstaunlich ist es, von woher diese Personen in das Atelier von Blandowskis kamen – Odessa, Ungarn, Warschau, Kattowitz, Groß Strehlitz, Zabrze, Alt Tarnowitz, Zawadzkie, Glogau, Ujazd, Jastrzêbie, Gogolin, Königshütte und andere.  
   Die Geschichte der Fotografie kennt große Namen der Porträtfotografen des 19. Jahrhunderts. Die Meister waren unter anderem der Engländer David Octavius Hill, der Franzose Hippolyt Bayard, Nadar und andere. Einige Porträts, die Wilhelm von Blandowski machte, können ohne jeden Zweifel mit den bereits erwähnten – heute schon vom klassischen Wert – verglichen werden. Die Welt der Gleiwitzer Stadtbürger war bestimmt nicht so eigentümlich wie in Paris oder London, aber brachte Blandowski mit aller Sicherheit viel künstlerische Befriedigung. Die Lehrbücher zur Geschichte der Fotografie kennen seine Tätigkeit nicht.   
       
  Die Zukunft soll es ändern!...“  
       

 

 

       

Quelle:

Jerzy Lewczyñski "Wilhelm von Blandowski herbu Wieniawa" Zarys dzia³alno¶ci fotograficznej - Rocznik Muzeum w Gliwicach t.X - Ludzie i dzie³a - Gliwice 1995

Wilhelm Blandowski - "Australia - Terra Cognita"

State Library of NSW - http://image.sl.nsw.gov.au/cgi-bin/ebindshow.pl?doc=pxe864/a108;thumbs=1

Museum Victoria - http://www.museum.vic.gov.au/Treasures/collDetails.aspx?Simg=3&ID=21